Die Anzahl derer, welche die sog. „Voice Search Funktion“ nutzen, steigt kontinuierlich. Schätzungen und Umfragen zufolge nutzen knapp 60% aller Jugendlichen diese Vorgehensweise bei der Google-Suche sehr regelmäßig. Aber auch bei den Erwachsenen nutzen gut 45% mindestens einmal am Tag die Voice Search Funktion, Tendenz stark steigend. Aber auch insgesamt steigt die Nutzung von mobilem Surfen weiter an. Laut Statistischem Bundesamt gehen mittlerweile gut 81% per Smartphone online – ein neuer Spitzenwert. Die Frage ist nun, welche Auswirkungen diese Entwicklungen auf den Arbeitsbereich von SEOs haben. Die geänderten Nutzergewohnheiten durch die Sprachsuche-Funktion machen ebenso neue Ansätze bei der SEO-Optimierung notwendig, um auch bei der Google-Suche mittels Voice Search in der Ergebnisliste berücksichtigt zu werden.
Google und Apple hatten letztendlich dieselbe Idee und brachten die jeweils ersten Versionen einer sprachgesteuerten Suche im Jahr 2011 auf den Markt. Apple stellte 2011 erstmals „Siri“ auf dem iPhone 4s vor. Damals war es eine enorme Innovation, heute schon Standard geworden. Ebenfalls im Jahre 2011 führte Google seine ursprüngliche Version einer Voice Search ein, allerdings nur auf dem amerikanischen Markt für Google.com. Erst im Folgejahr (Oktober 2012) zog Google mit einer Version (Google Now) für viele andere Landessprachen nach. Trotz des verpassten Starts außerhalb des amerikanischen Marktes gelang es Google so recht schnell, wieder an Boden auf Apples Siri gutzumachen. Im November 2013 legte dann Google seinerseits vor, indem die Sprachsuche fortan auch auf Desktop PCs verfügbar war. Mit Google Voice Search Hotword konnte so erstmals auch ein Browser auf dem PC mittels Sprachsuche gesteuert werden – einmalig zu diesem Zeitpunkt.
Neben Google mit dessen System Google Now („Ok Google“) und Siri von Apple haben auch andere Branchenriesen nachgezogen und eine eigene Sprachsoftware entwickelt. Besitzer eines Windows-Phone kennen Cortana schon etwas länger (seit 2014), spätestens seit der Einführung von Windows 10 (2016) ist dieser Sprachsuche-Assistent jedoch mittlerweile großflächig verbreitet.
„Echo“ von Amazon, beziehungsweise Alexa, ist in Deutschland bisher nur in limitierter Stückzahl verfügbar. Der großangelegte Launch-Termin für Oktober 2016 wurde gecancelt und auf einen unbekannten Zeitpunkt verschoben. Seit Juni 2015 ist das System von Amazon jedoch in den USA erhältlich. Dieses soll in erster Linie eine Art von „digitalen Assistenten“ darstellen. Das heißt, mittels sog. „skills“ können Befehle vom Nutzer an Alexa gegeben werden. Dieses System geht allerdings eher in die Richtung des Smart Home Konzeptes und weniger in die einer intelligenten Web-Suche. Bei Amazon steht ohnehin eher die Optimierung von Einkaufsprozessen im Fokus, als Google Konkurrenz zu machen.
Der Sprachassistent von Samsung (S Voice) führt eher ein Nischendasein. Bisher ist er lediglich auf Samsung Geräten vorinstalliert und weniger leistungsstark als die Konkurrenzassistenten von Apple und Google.
In seinen Ursprüngen wurden Sprachbefehle vor allem dafür genutzt, um Anrufe zu starten, Texte einer SMS, für Word oder für eine E-Mail zu diktieren, oder Webseiten direkt aufzurufen. Mittlerweile ist die Technik ausgereifter und komplexer geworden. So wird mittlerweile vor allem die Suchmaschine mittels Sprachsuche bedient.
Die große Frage ist hierbei: Wie gelingt es dem Sprachassistenten bei der Voice Search sinnvolle und relevante Ergebnisse anzuzeigen, die für die User den größten Nutzen haben?
Natürlich lässt sich Google nur kaum in die Karten schauen, wenn es um die geheimen Algorithmen geht. Dennoch ist zuerst einmal das Hummingbird-Update von 2013 zu nennen. Der damals neue Algorithmus machte es erstmals möglich, nicht bloße Worte und Wortkombinationen 1:1 zu suchen, sondern den Sinnzusammenhang dahinter, den der Nutzer mit der Eingabe verbindet, zu erkennen. Diese sog. „semantische Suche“ revolutionierte die Google-Suche nachhaltig und war zugleich auch ein Meilenstein in Bezug auf die Genauigkeit und Qualität der angezeigten Suchergebnisse.
Die Suche bei Google unterscheidet sich sehr stark, in welcher Hinsicht der Nutzer diese durchführt. Das Eintippen von Suchbegriffen umfasst dabei erfahrungsgemäß lediglich 1 bis 3 Wörter, die Suche mittels Voice Search hingegen von 3 bis hin zu 6 Begriffen. Sogar vollständige Sätze werden teils von den Nutzern gesprochen. Das ändert natürlich auch die Arbeit von SEOs ungemein. Das Optimieren hin auf einzelne Keywords ist hier nicht mehr ausreichend, um bei der Voice Search noch genügend berücksichtigt zu werden. Die Suche mittels Voice Search unterscheidet sich in ihrer Suchtechnik stark von der gewöhnlichen Google-Suche. Daher muss es Google erleichtert werden, dass die eigene Webseite den Nutzern den geforderten semantischen Sinn bietet, um bei der Voice Search ganz vorn in der Trefferliste zu landen.
Die Funktionsweise der Spracherkennung (voice recognition) erfolgt bei allen Plattformen nach einem ähnlichen Prinzip. Die Texterkennung erfolgt durch die Aufnahme der gesprochenen Begriffe in eine Audiodatei. Anschließend wird diese Audiodatei in einen Text umgewandelt, der von der jeweiligen Software „gelesen“ werden kann. Der zweite Schritt ist dabei der Entscheidende. Neben der korrekten Erkennung der gesprochenen Begriffe, muss die Software diese nun richtig einordnen können. Der Sinn der Suchanfrage muss erkannt werden. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen, denn vor allem an dieser Stelle gibt es noch die größten Probleme. Im dritten und letzten Schritt erfolgt dann die Ausführung der Anweisung, also die Durchführung der Suche und das Anzeigen der Ergebnisliste. Hier zeigt sich dann, wie gut die Voice Search Funktion ihren Dienst verrichtet hat.
Aufgrund des hohen Komforts und der einfachen Anwendung ist stark damit zu rechnen, dass sich die Voice Search mittelfristig etablieren wird. Aber auch Google selbst tut viel dafür, dass Voice Search immer mehr an Bedeutung gewinnt. Im Folgenden einige Trends hierzu.
Google möchte es seinen Nutzern mit den Direct Answers ermöglichen, schnell und effizient die passende Antwort auf die gestellte Frage zu geben. Dafür werden dem Nutzer in der Liste der Suchergebnisse nicht mehr nur Links, sondern auch eine sog. Wissensbox (Knowledge Graph) in besonderer Form angezeigt. Derzeit werden rund 20% der Nutzeranfragen in dieser Art beantwortet, Tendenz steigend. Bisher werden Informationen vor allen über berühmte Städte, Personen oder Plätze, aber auch das Wetter, auf diese Art anschaulich dargestellt.
Neben den obigen Wissensboxen tauchen nun auch vermehrt sog. Rich Answers in den SERPs auf. Diese bieten dem Nutzer vor allem nützliche Funktionen an wie beispielsweise die Umrechnung von Währungen und Maßen. Auf dem deutschen Markt ist die Darstellung in einer solchen Quick Answer Box noch relativ wenig verbreitet, auf dem amerikanischen Markt hingegen umso mehr. Es deutet sich allerdings an, dass Google deren Präsenz auch hierzulande deutlich steigern möchte.
Erstaunlich ist, dass die Voice Search besonders in Situationen verwendet wird, in denen die Nutzer eigentlich einer anderen Beschäftigung nachgehen (Multitasking). Vor allem beim Fernsehen, in der Badewanne oder während des Kochens wird nach Informationen, Fakten und Nachrichten nebenbei recherchiert (Second Screen).
Das zeigt allerdings auch gleichzeitig den anstehenden Wandel von Google auf. Die Suchmaschine wird durch diese Entwicklungen immer mehr zur „Antwortmaschine“.
Neben der Bereitstellung von Hintergrundinformationen spielt die Voice Search vor allem für die lokale Suche eine tragende Rolle. Nach Angaben von Google profitieren vor allem lokale Händler und Dienstleister von der mobilen Suche. So sind laut Google 50% der Verbraucher, die über das Smartphone einen Händler, Produkte oder einen Dienstleister suchen, innerhalb von 30 Minuten dann auch tatsächlich vor Ort in einem Geschäft, das in der Trefferliste angezeigt worden ist. Häufige Suchanfragen sind in diesem Zusammenhang die Öffnungszeiten von Geschäften, die Suche nach Rabatten und Aktionsangeboten sowie die Bewertungen von anderen Kunden.
Zwei gute Nachrichten vorweg. Google straft (noch) keine Seiten ab, die nicht für Voice Search optimiert sind. Dies ist jedoch aller Voraussicht nur eine Frage der Zeit. Und all jene, die in den letzten Jahren ohnehin solide im Bereich „Content“ gearbeitet haben, brauchen kaum etwas zu befürchten. Im Gegenteil. Guter Content erfährt durch Voice Search noch einmal eine starke Aufwertung und wird von Google entsprechend belohnt. Dennoch ergeben sich im Bereich SEO einige Änderungen, um die eigene Domain für die Voice Search fit zu machen.
Da Suchanfragen bei der Voice Search mitunter in ganzen Sätzen formuliert werden, hat es nun weit weniger Nutzen, wenn Webseiten nur auf einzelne oder wenige Keywords hin optimiert sind. Die gesprochene Sprache unterscheidet sich gravierend von der gewöhnlichen Begriffseingabe bei Google. Hier ist es notwendig, die eigene Strategie anzupassen. Antworten auf komplexe Fragen bieten in diesem Fall vor allem Longtail-Keywords. Daneben können Überschriften auf Webseiten oder in Blogartikeln beispielsweise in W-Form formuliert werden und im gleichen Zuge die Antwort bereits darunter formuliert sein. Überschriften, die Wann? Wie? Was? Wo? Warum? enthalten, bieten sich Google quasi von ganz allein als potentielle Antwortquelle an – sofern die eigene Domain von Google als authentisch (Site Authority) genug angesehen wird. Die klassischen FAQs, die eindeutige Antworten auf vorher gestellte Fragen liefern, scheinen hier eine Art Renaissance zu erleben- FAQs reloaded sozusagen.
Eine besondere Bedeutung dürfte hierbei zukünftig Online-Foren und Blogs zukommen. In diesen können nicht nur Fragen von Nutzern gestellt werden, die dann entsprechend auch gleich beantwortet werden. Daraus ergibt sich auch der Effekt, dass User-Generated Content entsteht. Dieser wird wiederum von Google besonders gewürdigt, indem er als besonders relevant eingestuft wird, da hier ein eindeutiger Mehrwert vorliegt.
Ganz generell bleibt auch festzuhalten, dass die ohnehin gestiegene Bedeutung von hochwertigem Content im Zuge von Voice Search weiter zunehmen wird. Wer seinen Besuchern keine oder minderwertige Inhalte bietet, darf sich über geringe Besucherzahlen, schlechtes Ranking und hohe Absprungraten nicht zu wundern.
Da die Voice Search vor allem auch im Zusammenhang mit der Suche nach Händlern, Dienstleistungen und Unterhaltungsmöglichkeiten vor Ort einhergeht, gewinnt der Bereich Local SEO zukünftig stärker an Bedeutung. Mit Local Seo sind dabei alle Maßnahmen gemeint, die eine optimale Platzierung des eigenen Unternehmens oder der eigenen Produkte bei der lokalen Suche eines Nutzers bewirken. Vor allem die Bereiche Rating und Reviews spielen hierbei eine besondere Rolle. Positive Nutzerwertungen auf Plattformen und Portalen haben einen großen Einfluss auf die Ergebnisliste bei der Voice Search. Daneben sind natürlich noch die Entfernung zum Ziel, der Grad der Übereinstimmung mit der Anfrage des Suchenden (Relevanz) sowie die Bedeutung bzw. Bekanntheit des Unternehmens die weiteren relevanten Einflussfaktoren. Sind in der Vergangenheit ohnehin in großen Mengen Daten zum Nutzerverhalten gesammelt worden, so hebt die Voice Search dies noch einmal auf eine neue Stufe. Durch die Spracherkennung wird beispielsweise das Geschlecht des Nutzers ermittelt und die Ergebnisse entsprechend angepasst. Ebenso spielt bei der lokalen Suche die Standortbestimmung (GPS-Tracking) eine zentrale Rolle.
Zwar ist die Sprachsuche derzeit noch nicht komplett ausgereift und wird auch noch teilweise, abhängig von der Altersgruppe, verhalten genutzt, dennoch gehen Branchenkenner davon aus, dass es lediglich eine Frage der Zeit ist, bis sich Voice Search vollständig etabliert haben wird. Daneben arbeite Google ständig an der Optimierung der Sprachsuchfunktion. Mittelfristig werden die Ergebnisse immer genauer werden und Voice Search kaum noch wegzudenken sein. Mit steigenden Nutzerzahlen werden sich jedoch auch alle SEOs intensiver mit der Sprachsuche auseinandersetzen sowie entsprechenden SEO-Maßnahmen ergreifen müssen.